Allmende Landschaft:
Grenzen - Grenzziehung - Grenzdenken.

Zertifikatsarbeit
Nachdiplomstudium Umweltwissenschaften der Universität Zürich

4. März 1999

Einführung

Betrachtungsweise des Begriffs Grenze    

1 Linguistische Abgrenzung

1.1 Worterklärung
1.2 Grenzüberschreitung
1.3 Von der Raum-Karte zur Zeit-Karte

2 Wirtschaftliche Zusammenhänge

2.1 Grenzen überwinden: „Macht - Ohnmacht" in der Gegenwart
2.2 Grenzen überwinden: „Macht - Ohnmacht" in der Zukunft
2.3 Ausblick auf eine Vision

Grenze als Staatsgrenze

3 Grenzen festsetzen

3.1 Römisches Reich
3.2 Mittelalter

4 Europäische Entgrenzung

5 Grenzen im Völkerrecht

5.1 Staat und Grenze
5.2 Landgrenzen
5.3 Seegrenzen
5.4 Fluss- und Binnenseegrenzen
5.5 Überwindung der Grenzen durch Völkerrecht

6 Nebst dem Feind gibt es noch den Fremden

6.1 Nationale Identität
6.2 „Fremde” oder „Gast”
6.3 Andersartigkeit

7 Staat und Privatheit

7.1 Geschlechterordnung
7.2 Politisches Zusammenleben
7.3 Öffentliche und private Sphären

Afrikanische Studien

8 Grenzziehung in Afrika

8.1 Andere Voraussetzungen
8.2 Einfluss der Kolonialherrschaft

9 Andersartigkeit in fremden Kulturen

9.1 Eigentumsbegriff
9.2 Grenzziehung und soziale Struktur
9.3 Nachhaltig leben in der Wüste: Buschmänner in Namibia
9.4 Aufteilung von Boden in der traditionellen afrikanischen Dorfgemeinde

Anthropologische Grenzen

10 Kulturelle Grenzen

10.1 Grenzen im Kopf
10.2 Ethnographische Grenzen
10.3 Leute und Gebiete

11 Geschlechtsspezifische Grenzen

11.1 Denken, Fühlen und Handeln
11.2 Überwindung der Rollenverteilung

Schlussfolgerungen

Literatur

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Einführung

Grenzziehungen prägen eine Landschaft ganz wesentlich. Deshalb scheint es mir wichtig, „Grenzen” zu hinterfragen und nach ihrer Bedeutung zu suchen.

Im ersten Teil meiner Arbeit untersuche ich das Wort Grenze an sich. Woher das Wort kommt, welche ursprüngliche Bedeutung es im Deutschen hatte und welche Wörter mit dem Wort Grenze verbunden sind.

Nebst den ursprünglichen Worterklärungen gehe ich auf die heutige Bedeutung des Wortes Grenze ein, welche Vielfalt an Bedeutungen es bekommen hat.

Im zweiten Teil betrachte ich Staatsgrenzen. Die europäischen Staatsgrenzen gehen zurück auf das römische Recht und sind verbunden mit diesem Grenzdenken. Obwohl sich Staatsgrenzen in Europa allmählich am auflösen sind, gibt es sie immer noch in unseren Köpfen und sind ganz anthropozentrisch geprägt.

Im dritten Teil betrachte ich die Grenzen in Afrika, deren historische Prägung und den Wandel, den sie durch die europäischen Konolialherren erfahren haben. Diese imperialistische Grenzziehung hat zu wesentlichen Konflikten in Afrika geführt und betrifft zunehmend die Landschaft in Afrika. Die ursprünglichen Grenzen in Afrika sind viel flexibler und richten sich wesentlich nach dem Klima. Auch heute noch haben vor allem indigene Völker Mühe, die aufoktruierten Grenzen zu akzeptieren und missachten sie dementsprechend oft. Da die Grenzen oft durch Ödland führen, können diese Grenzverletzungen auch kaum kontrolliert werden.

Im vierten Teil gehe ich auf anthropologische Grenzen ein. Es gibt kulturelle Grenzen, die über Landesgrenzen hinausgehen, andererseits ziehen sich auch quer durch Gemeinden soziale Grenzen. Ebenso verankert sind die geschlechtsspezifischen Grenzen, die in industrialisierten Staaten eigentlich keine Bedeutung mehr haben, sie sind jedoch schwer auflösbar.

In der Schlussbetrachtung versuche ich die Bedeutung der Grenzziehung für die Landschaft zu deuten und komme zum Schluss, dass es für eine nachhaltige Landschaft viel flexiblere Grenzen braucht, wie sie in Afrika zum Teil noch existieren. Ein Lernen von indigenen Völker, die sich nachhaltig verhalten, könnte für unsere Landschaft sehr nutzbringend sein. Mit flexibleren Grenzen könnte man wieder eine Vernetzung der biologisch wertvollen Landschaftsgebiete zustande bringen.

Diese Schlüsse bedürfen jedoch noch der genaueren Überprüfung und müssten mit einer Studie genauer abgeklärt werden.

                                          

 

 

Betrachtungsweise des Begriffs Grenze

1 Linguistische Abgrenzung

Wie wichtig sind Grenzen für eine nachhaltige Landschaft? Spielt es eine Rolle für die Nachhaltigkeit, was für Grenzen es in der Landschaft hat?

Landschaft ist überall und hält sich nicht an irgendwelche Grenzen, weder an Landesgrenzen, Gemeindegrenzen und noch viel weniger an Grundstücksgrenzen. Von da her ist es wichtig, sich einige Gedanken über Grenzen zu machen. Grundstücksgrenzen in der Landschaft sind in einer ausgeräumten landwirtschaftlichen Landschaft kaum sichtbar. In einem industrialisierten Dorf mit klaren Eigentumsgrenzen sind die Grenzen umso sichtbarer. Jeder grenzt sein Grundstück sehr genau ab, sei es durch Strassen, Wege, durch einen Hag oder sogar durch eine Mauer.

Wichtig für die Sicht der Landschaft ist, dass die Grenzen nicht mehr klar sind. Von daher ist Landschaft eine Allmende, die allen gehört, denn das Sehen unterscheidet nicht zwischen „Mein” und „Dein”. Das Auge sieht keine Grenzen, jedenfalls nicht messerscharfe. Vielleicht braucht es andere Grenzziehungen, um Landschaft nachhaltig zu gestalten. Einerseits müsste man ganz auf Eigentumsgrenzen verzichten, damit man Landschaft als Ganzes betrachten kann, andererseits müsste man sehr viele ‘biologische’ Grenzen ziehen, um die Diversität zu erhalten. Doch was verbirgt sich alles hinter dem Begriff ‘Grenzen’?

1.1 Worterklärung

1.1.1 Ursprung des Wortes Grenze

Das Wort Grenze ist heute überall im deutschen Sprachraum üblich, und doch ist es ursprünglich keine deutsche Bezeichnung. Je nach Quelle geht es auf das slawische Lehnwort „Granitza” oder auf das polnische Wort „Greincz” zurück. Es lässt sich von einem Stamm ableiten, der soviel wie „schützen, bewahren” bedeutet.

1262 wird es, laut Grimmschem Wörterbuch, zum ersten Mal in einer Urkunde von Thorn in der Form „an unsrer Granizze” gebraucht. Luther führte es dann mit seiner Bibelübersetzung in den deutschen Sprachgebrauch ein. (Thomas, 1973, S. 240)

Bevor „Grenze” jedoch bei uns üblich wurde, benutzten unsere Ahnen das mittellateinische Wort „Margo” oder „Marca” - der Rand, die „geschnittene Schneise”; bezeichnet wurde damit „ein mehr oder weniger breiter Saum unbebauten Landes”, häufig ein Wald, wie die Urbedeutung des Wortes auch „Wald” gewesen sein könnte, worauf „mörk” = Wald hinweist. (Haushofer, 1927, S. 4)

1.1.2 Grenze im Englischen Sprachgebrauch

Im Englischen hat es verschiedene Wörter für Grenze: Boundary, border oder frontiers.

Langenscheidt übersetzt die Begriffe wie folgt:

Boundary: Grenze, Grenzlinie, Rand, Abgrenzung, Begrenzung, Berandung
Border: Grenze, Rand, Landesgrenze, Grenzgebiet
Frontiers: Grenze, Grenzgebiet, im Amerikanischen Gebiet an der Siedlungsgrenze, Neu-, Grenzland.

Die verschiedenen Begriffe im Englischen verschaffen also auch nicht mehr Klarheit als das deutsche Wort. Mit allen drei Begriffen können ganz unterschiedliche Grenzen verstanden werden.

1.1.2 Entwicklung des Wortes Grenze

Im Deutschen wird heute das Wort „Grenze” sehr vieldeutig gebraucht. Der Linguist Grossklaus (1990) definiert Grenze als Trennlinie zwischen ‘Diesseits’ und ‘Jenseits’, wobei jenseits sich regelmässig zu ‘Aussenraum’ öffnet, diesseits immer im ‘Innenraum’ liegt. ‘Aussen’ und ‘Innen’ wird jedoch kulturell unterschiedlich interpretiert:

„Gegenüber den wechselnden Interpretationen erscheint die Relation: aussen - innen als kulturelle Invariante: als binärer Grundbaustein einer Sprache des Raums. An der Grenzlinie zwischen ‘innen’ und ‘aussen’ wird Differenz - und damit Bedeutung fassbar: primär die des Eigenen und des Anderen, des Fremden. Das jenseits im Aussenraum vorfindliche Andere ist der Tote gegenüber dem Lebendigen, sind Götter und Geister gegenüber den Menschen, kann die Natur sein gegenüber der Kulturwelt, können schliesslich andere Kulturen gegenüber der eigenen Kultur sein. Fremd aber erscheint das Andere geschichtlich immer erst dann, wenn der symbolische Austausch mit ihm im Überschreiten der Grenze abbricht.” (Grossklaus, S. 29)

1.1.4 Etymologische Bestimmung von „anders” und „fremd”

In der Pädagogik wird die Grenze vor allem durch den Gegensatz „eigen” und „fremd” definiert. „Fremd” im juristischen Sinn heisst „nicht eigen”. In einigen Quellen wird „fremd” auch mit „neu”, „sonderbar”, „abgeneigt”, „widerspenstig” oder „fernsein” verbunden.

Fremd heisst also im weitesten Sinne „entfernt” und wurde auch gemäss Duden ursprünglich in diesem Sinn gebraucht. Diese Bedeutung entspricht auch der gemeingermanischen Wurzel „fram”, was soviel wie „vorwärts, weiter, von-weg” bedeutet. Fremd bezeichnet eine Eigenart, die sich vom Normalen abhebt.

Die Identität des Fremden ist nicht-Eigenes, das ausserhalb einer vom Eigenen bestimmten Grenze liegt. (Pietrass, 1995, S. 25)

Anders geht auf das indogermanische „an-”, was „An etwas hin, entlang” bedeutet und die Nachsilbe „-der” bezeichnet „dort”, also etwas Entfernteres. Die Brüder Grimm lehnen sich an die lateinische Unterscheidung an, wobei anders als „alter” der zweite ist, also ein Zählwort. Sie weisen auch auf „alius” hin, was „einer unter vielen” heisst.

Der Duden nennt unter anders auch „andersartig, fremd, ungewohnt”, somit erklärt sich die enge Verwandtschaft von anders und fremd.

1.1.5 Innerhalb Grenzen herrscht Frieden

Durch präzises Vermessen und Ein- und Ausgrenzen erhoffte man sich ein friedliches Zusammenleben. Schon die Römer wussten über die Instabilität von Grenzen Bescheid. Denn pax = Frieden setzt sich zusammen aus pango = setzen und pagus = Gau, also ein abgegrenztes Gebiet, in dem Friedenspflicht herrschte. Der Grenzgott Terminus waltete über den Frieden. Auch bei Germanen gab es Götter, die die Grenze schützten. Dies war die Aufgabe von Wotan (Odin) und Thor (Donar), der speziell für Haus und Land zuständig war. Wie andere Völker wohnten auch die Germanen „in der Mitte”.

In den Wörtern Umfriedung und Einfriedung zeigt sich der enge Zusammenhang zu Friede. Daher der Schluss, was eingezäunt ist, lebt in Frieden.

Von da her brauchen wir die Grenze als Notwendigkeit unseres menschlichen Daseins. So sieht dies auch Jürg Zutt:

„Dass der Mensch ein wohnendes Wesen ist, will sagen, dass er nicht im Kosmos verloren ist, sondern einen Ort hat, wo er hingehört, wo er wohnt, wo er zu Hause ist, seine Heimat hat. Hier herrschen Vertrauen, Geborgenheit und Frieden ... Die Grenze nun, die das Gewohnte, Vertraute, vom Ungewohnten, Unvertrauten, von den Fremden, auch möglichen Feinden scheidet, mag sie konkretisiert sein in der Grenze eines Landes, in einem Gartenzaum oder den vier Wänden einer Behausung, immer ist sie das Ergebnis einer menschlichen - sagen wir einer dynamischen - Leistung, sich Wohnraum zu ergänzen und ihn zu bewahren, einen Rang einzunehmen und ihn zu behaupten...” (Zutt, 1967, S. 8)

Mit dem heutigen Tempo des Reisens, des Transports und vor allem durch die neuen Medien Fernsehen und Internet treten wir aus diesem geschützten Ort des Friedens heraus, die „heile Welt” im Haus wird zerstört, die Eindrücke des ausserhäuslichen Geschehens treten zu sehr ins Haus hinein. Deshalb auch die Verwischung der Grenzen. Eigentumsgrenzen sind zwar noch klar vorhanden, sie werden aber dauernd verletzt.

1.2 Grenzüberschreitung

Bereits in früheren Zeiten wird über Grenzüberschreitungen gesprochen.

Das Fremde zieht an, eine Faszination, aber auch Angst verbindet sich mit dem Kennenlernen des Neuen.

Seit jeher haben Grenzen alles geregelt. Die Rituale des Grenzübertritts waren festgelegt und dienten als Orientierungshilfe. So bildet auch das Rechts-Links-Schema eine örtliche Orientierung. Seit der französischen Revolution hat nun das Rechts-Links-Schema eine politische Kartierung erfahren, und die ganze Denkweise hat sich inzwischen verschoben.

 

 

1.2.1 Positiv - Negativ

 

 

 

 

 

Nebenstehende Grafik stellt die gegenüberliegenden Begriffe dar. Sie veranschaulichen die Werte, die im heutigen Sprachgebrauch und fast in allen Kulturen üblich sind. So verwenden wir die Begriffe, die links stehen positiv, die Gegensätze rechts jedoch negativ. Dadurch ergeben sich unterschiedliche Grenzziehungen im sozialen Bereich.

 

1.2.2 Vergleich von Peripher und Zentral

 

 

 

In der Mitte sitzt die Macht und das Normale oder Gute. Dazu gehört auch Europa im Sinne der Tradition und des Machtzentrums. Peripher sind alle „Randständigen”, alles was wir von uns weisen möchten, also Krankheit, Tod, Wahnsinn, Verbrechen, fremde Kulturen usw.

 

1.3 Von der Raum-Karte zur Zeit-Karte

1.3.1 Grenzrituale verschwinden

Allmählich hat sich die Innen-Aussen-Grenze der alten Raum-Karte soweit verschoben, dass als Grenzwerte höchstens noch: ‘terrestrisch’ versus ‘kosmisch’ eine Rolle spielen. Das Transporttempo von Informationen wie auch Gütern hat sich derart beschleunigt, dass der Mensch die Grenzwahrnehmung und die Grenzrituale verloren hat. Dies ist nur noch in den „langsamen Gesellschaften” möglich. Dadurch verschwinden auch immer mehr Kulturgrenzen, das Fremde wird zum Vertrauten.

„Die uns immer noch vertraute Erfahrung und Wahrnehmung aber von ‘innen’ und ‘aussen’, von ‘Mitte’ und ‘Rändern’ verbindet sich hartnäckig nach der alten Karte mit ‘eigen’ und ‘fremd’, mit ‘nah’ und ‘fern’ etc., obwohl das ganze System kultureller Grenzen und Distanzen überfällig ist und kulturelle Territorien nicht mehr eindeutig ‘lokalisierbar’ oder begrenzbar sind.
...
So wie sich die kognitive Raum-Karte auf eine ursprüngliche Körper-Karte bezog - so wird sich die neue kognitive Zeit-Karte auf eine ursprüngliche Karte des ‘Geistes’ beziehen.” (Grossklaus, S. 32)

Durch die neuen Medien, vor allem durchs Internet und Fernsehen, verliert die Wahrnehmung und Erfahrung des Fremden und des Eigenen den traditionellen Bezugsrahmen: die alte Raum-Karte verliert die Grenzen und Distanzen. Durch die Gleichzeitigkeit verschwindet das zeitliche Dazwischen, das es braucht für eine interkulturelle Fremderfahrung. Das Fremde dringt so ins Eigene, das Private wird zum Öffentlichen und so werden die Grenzen diffus. Daraus zieht Grossklaus (1990) den Schluss:

„In der Medienrealität hat nichts ‘seinen Ort’, sondern alles ‘seine Zeit’, seinen flüchtigen Zeitpunkt: seine kurzfristige Präsenz als Lichtspur auf dem Monitor. Konstellationen erscheinen und verschwinden im Bildfeld: in diesem beschleunigten Prozess des Erscheinens und Verschwindens ist jegliche räumliche und zeitliche Tiefe getilgt: die Wahrnehmung und Erfahrung aber des Fremden und Eigenen setzt diese Tiefe voraus. Im tiefenlosen Augenblick der Bild-Erscheinung auf dem Monitor fallen Fremdbilder und Eigenbilder zusammen und neutralisieren sich in einer vollkommen neuen Bild- und Textstruktur."

1.3.2 Neue Herausforderung: die Zeit

Im Artikel „Crossing Boundary - which Boundary is next” kommt man auch aus ökonomischer Sicht zum selben Schluss. In Zukunft wird die Zeit massgebend sein, der Raum verliert immer mehr an Bedeutung. Die Unternehmungen entwickeln immer grössere Strukturen, sie arbeiten rund um den Globus und erbringen immer schneller ihre Dienstleistungen. Sie vernachlässigen aber immer mehr die menschliche Dimension:

„Um in solchen räumlich verteilten Strukturen arbeiten zu können, in denen persönlicher Kontakt die Ausnahme ist, muss zwischen den Mitarbeitern Vertrauen herrschen. Notwendige Voraussetzung für die Bildung von Vertrauen sind aber gemeinsame Erlebnisse, die nur dann möglich sind, wenn nicht die gesamte Zeit der Menschen in Unternehmen für die Regulation der Routinen aufgewendet werden muss. Natürlich verschwindet der Raum nicht einfach; Begegnung braucht Raum.

Auch wenn Unternehmen sich den Zeitgrenzen gewidmet und sie teilweise überwunden haben, sind sie nicht „sicher", weil jetzt schon klar ist, dass auch Wissen, als ein Wissen über die Textur von Geschehen, schnell veraltet. „Eigenzeit" ist keine Insel. Sie ermöglicht eine Gleichzeitigkeit alternativen Geschehens; aber sie eröffnet bestenfalls Autonomie und nicht Autarkie.” (Crossing boundaries)

Wir machen heute nicht mehr die Grenzerfahrungen, wie sie noch im Mittelalter wahrgenommen wurden. Durch die Gleichzeitigkeit aller Kulturen in der Privatsphäre des Fernsehens oder des Internets prallt alles gleichzeitig auf uns ein. Das Erleben der Grenzüberschreitung und somit die Erfahrung des Neuen können wir gar nicht mehr wahrnehmen. Die Grenze hat an Bedeutung verloren, es findet kaum mehr eine Grenzüberschreitung statt.

Dass es doch nicht ganz ohne Raum geht vertritt Bernd Guggenberger in seinem Artikel „Grenzenlose Technik - Wiederaneignung des Raums” (Weizsäcker, 1997). Die geografische Ordnung wird immer mehr von der chronographischen verdrängt:

„Das grosse Thema unserer Zeit ist - die Zeit; der Abschied von den handgreiflichen Realitäten des Raumes und das Eintauchen in die Metarealität der medialen Äquidistanzen.

Er zeigt aber auch, dass wir uns immer wieder Inseln schaffen, um von der Zeitordnung wieder in den Raum einzutauchen. Als Beispiel bringt Guggenberger Mode und Design:

„Mode und Design geben der Welt - und uns - ein Weniges der einstigen Schwere zurück. Sie setzen kurzzeitig die Kräfte der sozialen Gravitation wieder ins Recht, wo wir reizökonomisch allzu rücksichtslos „über die Verhältnisse leben”; sie reduzieren und verlangsamen, wo wir mit den selbstinszenierten Welt- und Umweltveränderungen nicht mehr Schritt halten können, die uns vor allem als Beschleunigungs- und Vervielfachungseffekte begegnen.(Weizsäcker, 1997. S. 155/156)”

1.3.3 Die Entscheidung für den Raum wirft Fragen auf

Das ganze Gefüge von Ordnungen, denen der Mensch bis anhin vertraut hat, gerät aus den Fugen. Durch die Verkürzung des Raums, müssen andere Regeln gefunden werden, denn der Mensch ist gewohnt, sich nach Regeln zu richten. Im Artikel „Crossing Boundary - which Boundary is next” wird deshalb der Schluss gezogen:

„Das Ende der Globalisierungsdebatte wird also eine Renaissance der Organisationsdebatte auslösen. Nachdem das Spielfeld neu abgesteckt ist, wird neu über die effizienteste Art nachgedacht, wie das Spiel zu gewinnen ist. Darüber hinaus werden nicht alle räumlichen Grenzen tatsächlich überschritten. Und vor allem: nur wenige sind in der Lage, räumliche Grenzen zu überschreiten. Die Orientierung an Grössen des Raumes führt zur Ausgrenzung vieler. Ausserdem steigen die Anforderungen an die Belastbarkeit der Identitätskonstrukte von Unternehmen und der dort arbeitenden Menschen sehr stark an. Viabilität in globalen Räumen erfordert Robustheit, die nicht aus der Perfektionierung von bisherigen Routinen allein entstehen kann.”

1.3.4 Welche Grenze nach der Zeit? Identität!

Der Artikel geht jedoch noch weiter als Grossklaus. Es wird nach der Frage gesucht, was nach der Zeit kommt. Es muss eine neue Identität gefunden werden:

„In den neuen sichtbaren Grenzen dieser scheinbar schrankenlosen „schönen neuen Welt" kündigt sich bereits die nächste Grenze an, die zum Auslöser noch viel tiefgreifenderer Veränderungen werden wird: Identität - die Frage selbst nach Drinnen oder Draussen.”

Um diese Identität zu finden, werden in Unternehmen Fachleute gesucht, die strategische Netzwerke aufbauen können. Zudem müssen die Menschen ins soziale Netz der Unternehmungen einbezogen werden, damit sie

„nach der Zeitgrenze vor die Herausforderung des dynamischen Balancierens von Identitäten gestellt werden. Dabei werden neue Rollen entstehen, die einerseits Viabilität und Robustheit für Unternehmen unterstützen und andererseits so gestaltet sein müssen, dass Menschen sie überhaupt noch ausfüllen können.”

Grenzen müssen also rund um die Unternehmungen geschaffen werden, um ihre eigene Identität zu finden und sich gegenüber anderen Unternehmungen abzugrenzen. Nur so können sie bestehen.

1.3.5 Nicht Überwindung, sondern Umgang

Grenzen sind also wichtig. Die Menschen sind angewiesen darauf, so wie wir Ordnungen und Werte brauchen. Es ist viel einfacher, sich nach festen Regeln zu richten, als im Chaos sich zurechtzufinden. Hier drängt sich auch der Vergleich zu den Buschmännern in Namibia auf. Dort wird streng nach Regeln gehandelt. Jedes Übertreten wird geahndet. Jeder hat sich danach zu richten, ansonsten bricht das soziale Gefüge auseinander.

Deshalb kommt man auch in „Crossing Boundary - which Boundary is next” zur Überzeugung:

„Wir werden sie nicht los, die Grenzen, die uns Wege zu blockieren scheinen. Die Frage nach der Überwindung von Grenzen ist aber vermutlich schlicht falsch gestellt. Wir brauchen, individuell wie organisational, Grenzen, um Identitäten zu konstruieren, die uns überhaupt erst handlungsfähig machen. Grenzen haben selbst einen Sinn. Wenn wir akzeptieren können, dass Grenzziehungen nie zeitstabil sind, unabhängig davon, ob sie sich als Räume, Zeiten oder Identitäten manifestieren, und gleichzeitig notwendig sind, können wir eine neue Frage stellen: Wie gehen wir mit Grenzen um?”

2 Wirtschaftliche Zusammenhänge

Die Grenzüberwindung des Atlantiks vor mehr als 500 Jahren der ersten Entdeckungsfahrten europäischer Seemächte wird nach wie vor gefeiert. Die Erfolgsgeschichte dieser Helden beruht jedoch auf der Bereicherung mit Gold, Edelsteinen und Perlen auf Kosten anderer. Sie werden in der alten Welt als mutig und tapfer gelobt und man verfiel jahrhundertelang einer folgenreichen Blindheit.

„Sofortiger Reichtum war das kurzsichtige Ziel. Der Weg und seine Spuren blieben vom Glitzern der Steine zugedeckt. Fortschritte im Bereich des Schiffbaus und der Seefahrtskunst hatten eine historisch bedeutende Grenzüberwindung ermöglicht. Dies brachte der einen Seite der Grenze grossen Reichtum und kostbare Handelsmöglichkeiten ein; der anderen Seite wurde damit ihre Hochkultur und Selbständigkeit geraubt, sie wurde zum Opfer von Ausbeutung in einem unvorstellbaren Ausmass.”

2.1 Grenzen überwinden: „Macht - Ohnmacht" in der Gegenwart

Wie Ende des 15. Jahrhunderts wird auch heute mit unvorstellbaren Grenzüberwindungen eine neue Trennungslinie geschaffen: die Grenze zwischen Mächtigen und Ohnmächtigen. Dafür bilden gravierende Unterschiede in der Marktmacht und im Know-How die wesentlichen Faktoren.

„Zwei Möglichkeiten eröffnen sich im Umgang mit dieser universalen und anthropomorphen Grenze: Wir können sie entweder mit einer gewissen Portion von Arroganz und Gleichgültigkeit und dem daraus resultierenden Desinteresse übersehen, indem wir mit ihr zu leben lernen, oder wir können uns auf das abenteuerliche Vorhaben einlassen, jene Wertehierarchie einer grundlegenden und kritischen Reflexion zu unterziehen, welche solchen Grenzziehungen zugrundeliegt - auch wenn dies bedeuten könnte, selbst die Grenzen der Wertvorstellungen zu überspringen, welche generell unser Handeln bestimmen, und diese nötigenfalls sogar ganz aus der Welt zu schaffen. Eine solche Reflexion kann allerdings nur unter der Voraussetzung gelingen, dass die entsprechende Bereitschaft für konkrete Konsequenzen tatsächlich vorhanden ist.”

Die heutige Praxis lässt kein konsequentes Handeln erkennen. Es scheint, als ob Egoismus und einseitige Bereicherung massgebend sind.

„Was aber bestimmt dann unser Tun und Lassen im Grenzbereich zwischen Macht und Ohnmacht? Leider ist festzustellen, dass diesbezüglich Gleichgültigkeit in Verbindung mit einem Hauch von Desillusionierung vorherrscht. Können wir mit gutem Gewissen das 21. Jahrhundert in Angriff nehmen, wenn unser Zugang zu Wertorientierungen von Minimalhaltungen geprägt ist, welche jegliche reflektierende Innovation unterdrücken und zugleich jede Form von sinnvollem und verantwortungsbewusstem Unternehmertum und von Unternehmenskultur zum Scheitern bringen?”

2.2 Grenzen überwinden: „Macht - Ohnmacht" in der Zukunft

Für ein sinnvolles Fundament von Wertvorstellungen müssen auch heute noch Religionen und Philosophien einbezogen werden. Darauf wird auch weiter im Artikel eingegangen:

„In der Diskussion um Wertvorstellungen im Grenzbereich von Macht und Ohnmacht, die so alt wie die Menschheit selbst zu sein scheint, macht uns heute der deutsche Philosoph J. Habermas in seiner Diskursethik auf einen wichtigen Aspekt aufmerksam: Der Rahmen der Diskussionsteilnehmer ist nicht nur um alle Menschen des Jetzt zu legen, sondern sollte fiktiv auch die Anliegen unserer Nachkommen vertreten sein lassen.”

Die jetzt getroffenen Entscheidungen betreffen auch unsere Nachfahren. Diese Verantwortung gilt es wahrzunehmen.

2.3 Ausblick auf eine Vision

Aus den obigen Ausführungen wird im Artikel eine Vision entwickelt:

Eine Grenze zu überwinden bedeutet, sie nichtig, ungültig und wertlos hinter sich zu lassen, ja sie ganz aus der Welt zu schaffen. Ist die mit den Schlagworten umschriebene Vision „Invest in Your Future: Save and Share" überhaupt in die Realität umzusetzen?

Vielleicht sind dies Illusionen. Doch gerade die Geschichte lehrt uns, dass aussergewöhnliche Grenzüberwindungen möglich sind, wie sonst hätte Kolumbus sich auf eine solche Reise gemacht?

Im November 1989 wurde eine weitere Grenzüberwindung möglich, der eiserne Vorhang fiel. Dies löste eine unglaubliche Erlösung für viele Menschen aus und eine einmalige Dynamik entstand. Aber auch hier müssen die Wertvorstellungen neu überdacht werden.

Das auf Martin Luther King zurückgeführte geflügelte Wort „Alle Bewohner der Erde sind Nachbarn" wäre dafür eine hilfreich analysierende Bestandsaufnahme der Weltsituation. „Die Welt [hat] genug für jedermanns Bedürfnisse, aber nicht für jedermanns Gier" - Diese kritische Warnung von Mahatma Gandhi gilt heute, sie behält Gültigkeit für das angestrebte Projekt.

Wir müssen unsere Grenzen überwinden und nicht nur auf uns selbst schauen, sondern uns wieder mehr unserem Gegenüber zuwenden, nur so gibt es für uns eine Zukunft.

 

 

Grenze als Staatsgrenze

3 Grenzen festsetzen

3.1 Römisches Reich

Die heutigen Grenzen, die fest mit dem Eigentumsbegriff verknüpft sind, gehen auf die römische Herrschaft zurück. Die Römer setzten „limes” und etablierten ihr Imperium. Mit Hilfe der katholischen Kirche und ihrer Hierarchie breiteten sie die Begriffe von dominium und imperium auf ganz Europa und zum Teil noch weiter aus. (Anderson, 1996, S.13)

3.2 Mittelalter

Im Mittelalter wurde die Einheit der Kirche und die territoriale Organisation durch den Zusammenbruch des Römischen Reiches zerstört.

4 Europäische Entgrenzung

Vor mehr als 500 Jahren hat Europa seine Grenzen endgültig überwunden. Mit der Ankunft Kolumbus in Amerika 1492 hat sich die „alte Welt” der „neuen Welt” bemächtigt. Vorerst Spanien und Portugal, danach auch Frankreich, Holland und England plünderten die Reichtümer Amerikas und setzten sie für ihre eigenen Bedürnisse ein. Besonders ohne die Edelmetalle wäre die Entwicklung Europas nicht möglich gewesen.

Die Invasion kostete Millionen von Menschenleben und zerstörte die ganze indianische Kultur. Sie brachte den ganzen Kontinent in wirtschaftliche Abhängigkeit. Dieser Vorgang wiederholte sich im Laufe der Geschichte in allen Kontinenten. Mit der äusseren Entgrenzung vollzog sich im Inneren Europas eine neue Grenzziehung. Die Kreuzzüge leiteten eine Vormachtstellung der katholischen Kirche ein. In Spanien wurden zu dieser Zeit die Juden vor die Wahl gestellt entweder auszuziehen oder sich zum Christentum zu bekehren. Im Zuge der Expansion Spaniens des ausgehenden 15. Jahrhunderts hatte man keinen Platz mehr für das „Fremde”. Somit wurden auch die inneren Grenzen bereinigt. „Die Homogenisierung des Einheitsstaates wurde kräftig vorangetrieben.” (Zur Grenze, S.53)

5 Grenzen im Völkerrecht

Grenzen wurden immer hart umkämpft und deshalb bleiben sie auch meist über Jahre hinweg stabil. Dass man eine Grenze auch friedlich auflösen kann, zeigt in jüngster Geschichte die Auflösung der innerdeutschen Grenze, obwohl diese sehr rigide verteidigt wurde.

5.1 Staat und Grenze

Ein Staat wird herkömmlich durch Staatsvolk, Staatsgewalt und Staatsgebiet definiert. Nur innerhalb des Staates kann er seine Rechte durchsetzen. Immer mehr jedoch werden Verträge staatenübergreifend abgeschlossen.

5.2 Landgrenzen

In Europa sind die Landgrenzen sehr genau vermessen und eingetragen. Gelegentlich werden Grenzbereinigungen durch Verträge festgelegt. Ganz besonders wichtig ist dies bei Exklaven. Eine der wenigen noch existierenden Exklaven ist die Gemeinde Büsingen, die zu Deutschland gehört, aber voll vom Kanton Schaffhausen umschlossen wird. Über die rechtliche Lage dieser Gemeinde, die dem Schweizer Zoll- und Währungsgebiet angeschlossen ist, gibt es einen eingehenden Vertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweiz. (Grenzen erkennen - Grenzen setzen?, S. 86)

In anderen Kontinenten ist die Grenze jedoch nicht so genau festgelegt. Besonders in dünnbesiedelten Gebieten ist der Grenzverlauf sehr unklar. So hat der Internationale Gerichtshof einen Streit zwischen Libyen und Tschad über den Grenzverlauf entschieden (siehe Karte). Dabei spielten auch die Grenzvereinbarungen der Kolonialmächte eine Rolle. Waren es früher nur Verwaltungsgebiete, wurden sie im Zuge der Unabhängigkeit vor allem der afrikanischen Staaten als Grenzen beibehalten und festgelegt.

   
Grenzgebiet zwischen Tschad und Libyen. Der Verlauf der Grenze wurde erst in den 90er Jahren entschieden. (Grenzen erkennen - Grenzen setzen? S. 87)    

Grenzen können aber auch lange Zeit umstritten bleiben. So zum Beispiel die Oder-Neisse-Grenze. Erst durch den Zwei-plus-Vier-Vertrag, der die deutsche Einheit besiegelt hat, ist diese Grenze als deutsch-polnische Staatsgrenze festgelegt worden. Auch dabei wurden auf alte Verträge zurückgegriffen.

5.3 Seegrenzen

In der See können Grenzen nicht sichtbar gemacht werden. Sie spielen heute aber eine ganz wesentliche Rolle. Vor allem seit dem zweiten Weltkrieg hat sich die Zuständigkeit der einzelnen Staaten stark ausgeweitet.

Der niederländische Völkerrechtler des 17. Jahrhunderts hat wesentlich zum Grundsatz der Freiheit der Meere beigetragen. Damals beanspruchte Grossbritannien weite Teile des Meeres. Das Recht, dass alle Staaten die Hohe See nutzen dürfen, ist wesentlich für die Schifffahrt, die Fischerei, das Überfliegen und Verlegen von Unterseekabeln.

Nicht zur Hohen See gehören die Inlandgewässer und die Territorialgewässer, die meist eine Breite von 12 Seemeilen umfassen. Streitereien können jedoch daraus entstehen, dass die Zugehörigkeit der Inlandgewässer nicht klar definiert ist. So musste der Internationale Gerichtshof im Jahr 1969 die Grenze zwischen Deutschland, Holland und Dänemark festlegen. Da Deutschland in diesem Grenzgebiet eine tiefe Einbuchtung hat, wäre der Festlandsockel nach Auffassung von Dänemark und Holland sehr klein ausgefallen. Das sogenannte Äquidistanzprinzip wollte Deutschland nicht anerkennen, denn so hätten die beiden anderen Staaten den Festlandsockel Deutschlands voll umschlossen. So wurde eine Grenze festgelegt, die Deutschland den Zugang zur Hohen See erlaubt. (Vergleiche untenstehende Karte)

   
Dank einem Vertrag reicht der deutsche Festlandsockel bis an den britischen heran. (Grenzen erkennen - Grenzen setzen? 1994. S. 90)    

Nebst der Ausbeutung des Festlandsockels wird heute eine 200 Seemeilen breite Wirtschaftszone vor der Küste anerkannt. Somit reicht die Zuständigkeit für die Fischerei 350 km weit ins Meer hinaus. Dies ist für Staaten mit einer langen Küstenlinie von sehr grosser Bedeutung.

5.4 Fluss- und Binnenseegrenzen

Vielfach verlaufen Staatsgrenzen in Seen und Flüssen. Meist verlaufen diese Grenzen in der Mitte der Gewässer. Eine Besonderheit bildet der Verlauf der deutsch-luxemburgischen Grenze in den Flüssen Sauer und Our. Flussbett und Uferböschung stehen im Kondominium beider Staaten. Dies bedeutet, dass beide Staaten die Souveränität über den ganzen Fluss haben.

Unklarheit herrscht im Bodensee. Während der Überlingersee ganz zu Deutschland gehört, ist der Grenzverlauf im übrigen Bodensee unklar. Während die Schweiz der Ansicht ist, die Grenze verlaufe in der Mitte des Sees, ist Österreich der Meinung, dass der See im Kondominium aller Uferstaaten stehe. Deutschland vertritt keine eindeutige Meinung. Die rechtlichen Fragen der Schifffahrt und Fischerei sind mit separaten Verträgen geregelt.

Aber auch hier kommt es zu Querelen. Einmal ging es um ein Bootshaus, das in zwei Staaten stand, das andere Mal geht es um die Fischereirechte in der Bregenzerbucht. Dort vertritt eine österreichische Fischerfamilie die Ansicht, sie habe das alleinige Fischereirecht in weiten Teilen der Bucht. Dies wird aber weder von den österreichischen Gerichten noch von den Behörden und Gerichten der anderen Staaten anerkannt. (Grenzen erkennen - Grenzen setzen? 1995, S. 94)

5.5 Überwindung der Grenzen durch Völkerrecht

Die europäische Politik der Nachkriegszeit hat es fertiggebracht, dass viele Grenzen weitgehend überwunden sind. Heute fährt man häufig über die Grenze, ohne je kontrolliert zu werden. In der EU sind diese Grenzen sogar völlig gefallen. Aber auch zwischen der Schweiz und der EU hindert wohl der grosse Verkehr zwischen den beiden Ländern, dass jeder kontrolliert werden kann.

Doch wie bereits im ersten Teil meiner Arbeit dargelegt, braucht der Mensch Grenzen. Dies um die Identität zu bewahren. So bezeichnen wir an den Strassenrändern den Kantonswechsel, obwohl diese Grenzkontrollen vor mehr als 100 Jahren abgeschafft wurden.

6 Nebst dem Feind gibt es noch den Fremden

6.1 Nationale Identität

Einen anderen Ansatz zu Grenzen hat Petra Höfels (1995) in „Der Konstruktcharakter des Fremden”:

„...Festgemacht wird diese Ausgrenzung in der heutigen Weltordnung in erster Linie an Staatsgrenzen, Grenzen, die Nationen voneinander unterscheidbar machen, Grenzen, die in der Regel nicht über eine mehr als hundertjährige Geschichte verfügen. Nationalstaaten, deren Konstruktion sowie die Entwicklung und Bedeutung einer „nationalen Identität” schaffen die Grundlage für Erklärungsmuster, die zur Konstruktion einer Bedrohung von aussen und Sicherung der eigenen Werte herangezogen werden.”

6.2 „Fremde” oder „Gast”

Petra Höfels zeigt, dass der „Fremde” eigentlich ausserhalb der Freund-Feind-Dichotomie ist. Der „Fremde” kann zum Feind werden, denn er ist etwas Ungewohntes. Etymologisch hat der „Fremde” jedoch auch die Bedeutung von „Gast”.

„In jeder Gesellschaft und Kultur sind Gastrechte zu finden, die Fremde unter den besonderen Schutz der jeweiligen Götter stellt. Doch Gastrechte sind eine fragwürdige Sache und in ihrer Fragilität besonders durch die Dauer des Aufenthalts bedroht, denn wie manche Etymologien zeigen, ist es vom Gast zum Feind, vom hospes zum hostis nicht weit. Der Gast, der bleibt, wird ungemütlich. Und genau hier liegt die Problematik: Der Fremde ist, um an Simmel anzuknüpfen der, der heute geht, und morgen bleibt.”

Dennoch können Fremde nicht einfach als rechtlose, undefinierbare Wesen ausserhalb der Gesellschaft betrachtet werden. Nur mit Angst vor dem Fremden kann noch keine Lösung gefunden werden. Vielmehr ist die Auseinandersetzung mit dem Fremden in seiner ganzen Vielschichtigkeit ein erster Schritt, das Bewusstsein zu fördern und vorhandene Ängste abzubauen.

„Die Bewusstseinsprozesse der Gesellschaft zu untersuchen, deren Zusammenhalt und Selbstverständnis aufzuzeigen gehört zu den Ansätzen der Konfliktlösung.”

6.3 Andersartigkeit

Das Fremde wird aber immer durch andere definiert. Die Andersartigkeit wird gegenüber der eigenen Gruppe hervorgehoben und zur Ausgrenzung benutzt. Dies bringt auch Petra Höfels in Zusammenhang mit Grenzen auf der Landkarte:

„Die territoriale Einheit manifestiert sich in den auf Landkarten festgehaltenen Grenzen. In diesen Grenzziehungen ist eine Ausgrenzung enthalten, ein konstitutives Moment, das die Unterscheidung zwischen ‘innen’ und ‘aussen’ ermöglicht.”

Die Fremden lassen sich nicht einordnen. Sie stören die Homogenität des Nationalstaats, die von vielen als unabdingbar für einen Staat betrachtet wird.

Die Staatsgrenze dient als Ausgrenzung des Fremden. Die ursprüngliche Meinung war, dass innerhalb einer Staatsgrenze eine Homogenität von Sprache, Rasse, Gleichgesinnung, schlicht eine „Familie” vorherrscht. Alles Fremde soll draussen bleiben. Diese Grenzauffassung hat heute keine Bedeutung mehr, da durch die grossen Völkerwanderungen die Homogenität eines Volkes zugrunde ging. Eine Durchdringung und Vermischung des Fremden mit dem Eigenen lässt auch die Grenzen ins Wanken geraten. Die Grenzen haben ihre Bedeutung verloren.

7 Staat und Privatheit

7.1 Geschlechterordnung

In den verschiedenen Artikeln des von Birgit Seemann (1996) herausgegebenen Buches: „Feministische Staatstheorie, der Staat in der deutschen Frauen- und Patriarchatsforschung” wird auf die verschiedene Geschichtsauffassung von Staat und Familie eingegangen. Noch in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts leuchtete die strikte Trennung von Staat und Familie nicht allen unmittelbar ein. Denn bis dahin war alles als "wechselseitig aufeinander bezogen", eine Aufteilung von Familie den Frauen, der Staat den Männern kam erst später. Diese Grenze zwischen den Sphären und die daran geknüpfte Geschlechterordnung wurde mit einem immens legitimatorischen Aufwand verteidigt, woraus der Schluss gezogen werden muss, dass es sich dabei eben nicht um Selbstverständliches, gar Naturgegebenes handelte, sondern um höchst umstrittene Vorstellungen.

„Sobald man beginnt, mit der gegenseitigen Durchdringung von Staat und Privatheit als getrennte Sphären zu installieren und zu legitimieren, trägt man offenkundig auch dazu bei, patriarchale Geschlechterverhältnisse wiederzugewinnen oder aufrecht zu erhalten. (Kerchner, 1997. S. 16)

7.2 Politisches Zusammenleben

Birgit Sauer im oben angegebenen Buch jedenfalls schlägt vor, die räumlichen Assoziationen zum Privaten zu überwinden: Ein materielles, körperliches Verständnis von Privatheit enttarnt dann auch das Bild von der entprivatisierten und emotionslosen Staatspolitik als Mythos, ebenso wie die Rede von der "Staatsfreiheit des Privaten". Die Beiträge dieses Buches legen nahe, alle Illusionen über körperlose Individuen aufzugeben und statt dessen deren Materialität, Emotionalität und Beziehungsfähigkeit für das politische Zusammenleben als konstitutiv anzuerkennen. Positiv gewendet besteht demnach die eigentlich politische Bedeutung des Privaten darin, dass sie erstens auf die Körperlichkeit, zweitens auf die Emotionalität und drittens auf die Sozialität der Individuen rekurriert.

„Die Dichotomie von öffentlich und privat ist ein Organisations- und Wahrnehmungsmuster von Realität, von Politik und Gesellschaft. Öffentlich und privat sind ordnende Konzepte, die soziale Beziehungen regulieren, die erlauben, verbieten, gestatten. Die Dichotomie regelt den Zugang zu bestimmten Räumen bzw. Ressourcen, sie bildet Akteursgruppen heraus (z.B. durch Vergeschlechtlichung), sie organisiert Interessen, und ihr ist eine normative Dimension eigen: zu regeln, was man tun darf, tun soll und was nicht." (Kerchner, 1997. S. 37)

7.3 Öffentliche und private Sphären

Privatheit bezeichnet mehr die Relation zwischen öffentlich-staatlich einerseits und die Qualität menschlicher Beziehungen andererseits. Sie ist weder auf Orte, z. B. die Wohnung noch auf bestimmte Zeiten, z. B. Freizeit festgelegt, sondern kulturell definiert und historisch wandelbar.

So wurden private Sphären im Laufe der Zeit immer mehr öffentlich, da der Sozialstaat sich immer mehr ausdehnte und einstmals private Tätigkeiten wurden öffentlich.

„Trotz Grenzverschiebungen änderte sich allerdings an der grundsätzlichen Vorstellung einer strikt fixierbaren Trennlinie zwischen Privatheit und Staat und ihrem instrumentellen, herrschaftsförmigen Verhältnis nichts - Effekt von Benennungsmacht im Staat.” (Kerchner, 1997. S. 37)

Zusammenfassend kann man sagen, dass wie andere Grenzen, auch die Grenze zwischen Staat und Privatheit und somit zwischen Mann und Frau ebenfalls ein Konstrukt von Menschenhand geschaffen ist, das man ebenso aufheben oder sogar umkehren könnte. Doch wir sind in unserer Tradition verhaftet und an diese Regeln halten wir uns. Hier besteht wiederum die Querverbindung zu Grossklaus und Höfels, die ebenfalls Grenzen mit Regeln in Verbindung setzen. Grenzen regeln ebenso Staatsformen wie auch die Verhaltensformen von Staat und Privatheit und diese seit Mitte des 19. Jahrhunderts die Einordnung von Mann und Frau. Nur langsam werden diese Einordnungen aufgebrochen. Traditionen zu zementieren ist auch hier einfacher als sie zu durchbrechen.

   

 

Afrikanische Studien

8 Grenzziehung in Afrika

8.1 Andere Voraussetzungen

Die Grenzen in Afrika differieren ganz wesentlich von denen in Europa; denn die Voraussetzungen in ökonomischer, politischer und demographischer Hinsicht sehen ganz anders aus. Es gibt Grenzdiskussionen, die in Europa in dieser Form nicht mehr existieren. Vor allem die Präsenz des Islam und die Erfahrung des europäischen Imperialismus, der am zerfallen ist, prägen die teritorialen Ausfechtungen.

8.1.1 Einfluss des Islam

Vor allem die fundamentalistischen Moslem anerkennen kaum Grenzen. Sie vertreten die Ansicht, dass echte Grenzen nur im Glauben existieren und anerkennen keine von Menschenhand gezeichneten. Nach strikter Moslem Doktrin gibt es auch keine Staatsbürgerschaft, die nach dem Ort der Geburt festgelegt ist, sondern die Religion entscheidet. Die meisten Moslem anerkennen zwar heute Staatsgrenzen, aber in Ägypten gab es Anfang des 20. Jahrhunderts eine Bruderschaft, die eine Trennung der moslemischen Welt ablehnte.

8.1.2 Bodenschätze

Die heutigen Grenzdiskussionen drehen sich hauptsächlich um Bodenschätze. Da die Kolonialherrschaft keine klaren Grenzlinien festlegten und die politischen Kräfte zum Teil immer noch sehr instabil sind, sind die Grenzen sehr verletzlich. Afrika ist in weiten Teilen Ödland mit einer Vielfalt und Kontrasten in Kulturen, sozialer Entwicklung, Reichtum, Demographie, Klima und Topographie. Deshalb dient die Grenzziehung nichts anderem als der Geografie und Kartografie. (Anderson, 1996. S.78)

Afrika: topografische, geometrische und "menschliche" Grenzen. (Anderson, S. 80)

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

8.2 Einfluss der Kolonialherrschaft

8.2.1 Vorkoloniale Grenzen

In der präkolonialen Zeit gab es keine Karten, auf denen Grenzen eingezeichnet waren. Dies heisst nicht, dass es keine Grenzen gab. Sie waren aber nicht auf Papier festgelegt, sondern bestanden mehr im Kopf. In Asante (Ghana) zum Beispiel wurden die Strassen, die sternförmig aus der Hauptstadt führten, in Tagen gemessen, die es brauchte, um von einem Punkt zum andern zu gelangen. Das grössere Asante wurde als 40-Tage-Reise in allen Richtungen gemessen. Mit dem Platzieren königlicher Garden auf den Hauptstrassen, wurde sehr wohl eine Grenze markiert. In Sokoto Caliphate (Nigeria) wurde die Grenze sogar mit Ribats (Wehrklöstern) und ummauerten Dörfern markiert. (Nugent, 1996. S. 36)

8.2.2 Ökologische Bedingungen

Die afrikanischen Grenzen gelten als wenig stabil, nicht zuletzt wegen der klimatischen Bedingungen. In guten Jahren mit viel Regen zieht die Bevölkerung bis in weit entlegene Gebiete und kümmert sich kaum um Grenzen. In Jahren der Trockenheit tritt das Gegenteil ein, die Bevölkerung zieht weiter in Gebiete, die weniger von der Trockenheit betroffen sind. In regenreichen Jahren ist wieder eine Umkehr möglich. Dies führt zu einer Wellenbewegung und gilt anscheinend für ganz Afrika. (Nugent, 1996, S. 39)

8.2.3 Europäischer Einfluss

Die Kolonialherren haben das Land willkürlich aufgeteilt. Die Grenzen wurden hauptsächlich durch Gewässer, durch Wasserscheiden, mit geometrischen Linien oder anderen gezogen. Dies durchschnitt oft ethnische Gruppierungen oder Stämme. Auch schlecht gewählte Wasserscheiden dienten in Afrika mehr als Zentrum der Population denn als Trennlinie. Denn die Stämme lebten zum Beispiel an beiden Ufern eines Flusses, vor allem wenn die Überflutung das Land urbar machte. Dies war auch in Europa zum Teil ein Problem, doch dies konnte mit Hilfe der Integration in die jeweilige Nation überwunden werden. (Anderson, 1996, S. 79)

Mit der Konferenz in Berlin 1884-1885 wurden die Grenzen in Afrika von den Kolonialherren festgelegt. Diese setzte den Grundstein für die Konflikte, die in den entlegenen Gebieten die Grenze mitten durch ethnische Gruppen zog und die vorhandenen Strukturen nicht berücksichtigte. (Asiwaju, 1989, S.39)

Eine spezielle Situation bildet sich um den Orange River, der auf einer Länge von 670 km die Grenze zwischen Namibia und Südafrika bildet. Da er in Lesotho entspringt und in weiten Teilen durch Südafrika fliesst, dient er als Frischwasserquelle für die Grossstädte Johannesburg und Pretoria und deren Umgebung. Da bis zur Mündung 7 Prozent des Wassers verdunstet, behauptet Südafrika, dass das Wasser nutzlos in den Atlantik fliesst und begründete damit seine Wassernutzung, so dass in trockenen Jahren nur noch ein Siebtel der Wassermenge der früheren Jahre in den Atlantik fliesst. Erst mit der Unabhängigkeit Namibias gilt internationales Recht, so dass auch Namibia das Wasser des Orange Rivers nutzen kann. (Gallusser, 1994, S.125 - 133)

   
Orange River im Grenzgebiet von Namibia und Südafrika (Gallusser, 1994, S. 129)    

8.2.4 Bewahrung der Besitzverhältnisse

Die heutigen Grenzziehungen in Afrika gehen im wesentlichen auf die Resolution der Grenzdiskussion von 1964 zurück. Damals stützte man sich auf den römischen Grundsatz, der bereits in Südamerika zur Anwendung kam: uti possidetis ita possideatis (was man besessen hat, gehört einem weiterhin). Demzufolge setzte man die Grenzen, wie sie die Kolonialherrschaft festlegte.

So problemlos konnte dies jedoch nicht überall verwirklicht werden. Diskussionen gab es zum Beispiel zwischen Tschad und Libyen. Dort ging es um den Aozou Streifen, ein Gebiet von 114’000 Quadratkilometer in der Wüste, indem Uran vorkommt. Tschad und auch die Kolonialmacht Frankreich anerkannten die Übertragung Lavals an Mussolini 1935 nicht. 1973 besetzte Libyen dieses Gebiet. Libyen behielt die Oberhand bis 1987, als Tschad die Libyer vertrieben. Erst 1994 entschied der Internationale Gerichtshof, dass dieser Streifen zu Tschad gehört. Der Gerichtshof stützte sich auf eine Vereinbarung von 1955, als die Kolonialmacht Frankreich mit Libyen einen Vertrag abschloss.

8.2.5 Probleme mit vorkolonialen Territorien

Wenn die Grenzen durch vorkoloniale Stammesterritorien verliefen, gab es Probleme, denn die Stämme hielten sich nicht an die Grenzen. Die nomadisierenden Tuareg zum Beispiel bedeuten ein Sicherheitsproblem für Algerien, Mali und Niger. Sie demonstrieren jedoch ein allgemeines Problem in Afrika. Das Personal für die Überprüfung der Grenzen gibt es nicht oder sie sind nicht ausgebildet. So können illegale Grenzüberschreitungen nicht überprüft werden. Deshalb sind Grenzbewegungen von hungernden Leuten, bedrohten ethnischen Gruppen, Wanderarbeitern, Guerilla Kämpfern, Diamantenschmugglern, Drogen- und Waffenhändlern an der Tagesordnung und bedrohen die sich angrenzenden Staaten. Internationale Spannungen werden dadurch verstärkt, wenn den exportierenden Staaten vorgeworfen wird, dass sie die Grenzen willkürlich nicht kontrollieren und dies sogar mit Absicht.

8.2.6 Völkerwanderungen

Diese Schwäche oder sogar Absenz von Grenzkontrolle bewirken grosse Völkerwanderungen von den armen Ländern zu den reicheren. So drangen viele Ghanaer nach Nigeria, als Nigeria noch prosperierte. Nigeria hat viele der illegalen Einwanderer in den Städten zusammengezogen und sie anschliessend deportiert. Aber es gibt wenig, was die Staaten gegen die illegale Einwanderung machen können. Zudem liegen viele Grenzen in entfernten und nur schwach bewohnten Gebieten, was eine Kontrolle erschwert.

 

   
Einzugsgebiet der Minenarbeiter für die Goldgruben rund um Johannesburg. (Gallusser, 1994, S. 301)    

Eine andere Völkerwanderung haben die Goldminen von Südafrika bewirkt. Um billige Arbeitskräfte zu rekrutieren, hat im südlichen Afrika ein spezieller Arbeiterhandel stattgefunden und ist immer noch im Gange. Diese Arbeiter können auch problemlos wieder exportiert werden. Als sich zum Beispiel Malawi weigerte, die Arbeiter auf AIDS zu untersuchen, wie Südafrika dies anordnete, wurden alle Malawier wieder in ihr Heimatland zurückgeschickt. Dies ist vor allem kein Problem für Südafrika, da es bis zu 60 Prozent Arbeitslose hat, so dass auch Südafrikaner für einen kleinen Lohn in einer Goldmine arbeiten. (Gallusser, 1994, S. 303)

9 Andersartigkeit in fremden Kulturen

9.1 Eigentumsbegriff

Die Zulus in Südafrika haben einen anderen Eigentumsbegriff als wir in den westlichen Industriestaaten. Durch das Zusammenleben in den traditionellen Kraals grenzen sie sich zwar in ihrer Gemeinschaft ab. Der Zaun um den Kraal ist jedoch Schutz gegen wilde Tiere, die ihr grösstes Gut, ihren Viehbestand bedrohen könnten. Ausserhalb des Kraals wird die Landschaft als Gemeingut, als Weide- und Jagdgründe, sowie zum Sammeln benutzt. Innerhalb des Kraals wird kaum von "Mein" und "Dein" unterschieden. Das Besitzdenken der westlichen Gesellschaft ist ihnen fremd. Deshalb auch die Schwierigkeiten der Zulus oder anderer afrikanischer Stämme, sich in der westlichen Gesellschaft zurechtzufinden. Was bei den Zulus als Benutzen anderer Gegenstände gilt, wird bei uns als Diebstahl geahndet.

9.2 Grenzziehung und soziale Struktur

Die Zusammenhänge von Grenzziehung und sozialer Struktur untersuchte Holl (1993) in verschiedenen Studien. Eine Analyse des Austauschs von Arbeit und die Kooperationen von Grosshaushalten charakterisiert die Landwirtschaft der Savanne. Dies führt zu einer Besiedelung, die einen intensiven Austausch erlauben. So sind die Distanzen zwischen den einzelnen „Familien” relativ kurz und immer sehr ähnlich.

9.2.1 Kofyar in Nigeria

Eine Studie der Kofyar in Nigeria untersucht die verschiedenen Zusammenhänge: Die Kofyars sind Bauern im Zentrum von Nigeria. 1960 lebten in diesen zerklüfteten Hügeln rund 50’000 Kofyars. Ursprünglich wurden sie dort zur Verteidigung angesiedelt. Ihre Population erreichte jedoch eine Dichte von über 300 pro km2. Ihr Siedlungsmuster bestand aus Farmen kaum grösser als 4000 m2 und einer Siedlung aus Lehmhütten. Die Landwirtschaft war sehr intensiv. Im terrassierten Gelände wurde Korn und Gemüse angebaut, die einen hohen Düngeeinsatz erforderten.

Nachdem dank den Briten Anfangs 20. Jahrhundert die militärische Bedrohung nachliess, expandierten die Kofyars gegen Süden und Osten und etablierten saisonale Buschfarmen. Anfangs 50er Jahre siedelten sie sich in den fruchtbaren Ebenen südlich von Namu an.

Dies leitete die Migration ein und führte zu einer Entpopularisierung der Homelands. Die Landwirtschaft war weniger mühsam und es brauchte weniger Arbeitskräfte. Zudem umfassten die Bauernhöfe rund zehnmal mehr Land. Obwohl das Land nicht so ertragreich war, konnten die Bauern sehr viel mehr produzieren als sie selber brauchten. Ihren Überschuss konnten sie dementsprechend in den wachsenden Städten gut vermarkten.

Viele Siedler lebten in Grossfamilien, andere zogen an den Rand ihrer Gebiete, meist in sehr dürftigen Behausungen. In den frühen 60er Jahren hatten die meisten Kofyar Pioniere ihre eigene Farm. Diese wurden mit Fusswegen verbunden. Sie befanden sich meist kaum weiter als 500 Meter von einem Fluss entfernt und waren zwischen 100 bis 250 Meter von den nächsten Nachbarn entfernt.

   

Die Besiedelung auf Grund von Flugaufnahmen 1977. Jeder Punkt stellt eine Siedlungsstätte dar. Diese sind nahe am Fluss und zwischen 100 und 250 Metern voneinander entfernt. (Holl, 1993. S.29)

 

   

Dieses Besiedlungsmuster gleicht zwar dem Muster in den Homelands. Es kann jedoch nicht allein aus der Tradition heraus erklärt werden. Es erklärt sich vielmehr aus den sozioökologischen Produktionsmethoden, die der neuen Agrikultur entspricht.

9.2.2 Shuwa-Araber in Kamerun

Holl (1993) untersucht die Wechselwirkung zwischen Gemeinschaft und Siedlungsstruktur im Norden von Kamerun. Er betrachtet zwei Siedlungen der Shuwa Araber: Gobrem, drei Kilometer nördlich von Houlouf und Danguerchem, zwanzig Kilometer südöstlich von Houlouf. Beide Siedlungen sind an saisonalen Flüssen gelegen. Es scheint, dass beide während der grossen Trockenheit in der Sahel-Zone 1973/74 verlassen wurden.

Gobrem umfasst ein Gebiet von 2.4 ha und ist halbkreisförmig angelegt. Es hat 27 runde Häuser, 6 Tiereinzäunungen und eine Quelle. Nebst einem grossen Baum befindet sich ein Feuerplatz, der ein Treffpunkt und wahrscheinlich Teeparties markiert.

 

   
Holl zeigt an Hand der Aufteilung von Gobrem die soziale Ordnung. Rund um einen grossen Baum (rechts) befinden sich Aschehaufen, was auf einen Treffpunkt für gesellschaftliche Anlässe hindeutet.  

Danguerchem ist ebenfalls im Halbkreis angeordnet und umfasst eine Grösse von 1.43 ha. Es hat 22 Häuser und 3 grosse Tiereinzäunungen.

Die Anordnung der Siedlungen hat grosse Bedeutung für die Organisationsstruktur. Holl (1993, S.51) unterscheidet drei verschiedene Strukturen:

1. Die hierarchischen Strukturen beginnen meist ab einer Gruppengrösse von sechs.

2. Umgekehrt ist das Verbleiben von nichthierarchischen Strukturen bei Gruppen von sechs und grösser mit einer sinkenden Entscheidungsfindung in Gruppen verbunden

3. In Gruppen von fünf und weniger nimmt die Entscheidungsfindung zu mit der Gruppengrösse und nichthierarchische Gruppen leisten mehr im Vergleich zu solchen mit hierarchischen Strukturen.

9.3 Nachhaltig leben in der Wüste: Buschmänner in Namibia

Die Buschmänner besiedelten ursprünglich das ganze zentrale und südliche Afrika. Von den Europäern wurden sie von Westen her und den schwarzen Stämmen Afrikas von Norden und Osten her stark zurückgedrängt. Heute leben sie nur noch in den Wüsten Botswanas und Namibias. Sie haben sich völlig an das Leben in der Wüste angepasst. Um zu überleben, bleibt ihnen nichts anderes übrig als nachhaltig mit der Wüste umzugehen. Aber nicht nur die Knappheit bestimmt die Nachhaltigkeit, sondern auch verschiedene überlieferte Sagen und Überzeugungen, die einen sehr hohen Respekt gegenüber der Natur zeigen.

Es wird absolut nichts verschwendet. Nach dem Erlegen eines Tieres wird die Haut zum Trocknen an die Sonne gelegt. Dann werden noch die kleinsten Fleischreste der Tierhaut abgekratzt und gesammelt, um sie in den Suppentopf zu werfen. Auch eine Pflanze, die noch zu klein ist, wird nicht angetastet, weil „it is still a child”, man wird später wieder zurückkommen, wenn sie grösser ist.

So schreibt Wannenburgh (1979), dass die Buschmänner glauben, Respekt für die Tiere sei unabdingbar für eine erfolgreiche Jagd:

„Bushmen living at the time lower down the Orange believed that people and all animals had originated together in a hole in the ground, from which they came speaking the same language.
The creator warned the people that, no matter how cold it became during the night, they were not to light a fire. But it grew steadily colder, until just before dawn, when the people could no longer endure the cold, they lit one. Immediately the animals took fright at the blaze and stampeded, losing their powers of speach in their panic. And ever since that time they have fled from men.”

Der Respekt vor der Kreatur wird jedem besonders eingetrichtert und mit Sagen weiter unterstrichen. Wasser hat eine ganz spezielle Bedeutung für die Buschmänner, denn in der Wüste ist dies ein absolutes Heiligtum. Dem Wasser werden auch besondere Kräfte zugeordnet, was wiederum mit Sagen unterstrichen wird.

In der mittleren Kalahari-Wüste gibt es 9 bis 10 Monate kein stehendes Wasser. So leben die Buschmänner hauptsächlich von Melonen in dieser Zeit, von denen sie 5 Kilo pro Tag verzehren, um den Wasserbedarf zu decken.

Die Buschmänner leben in Gemeinschaften von 40 bis 60 Leuten, in einem Territorium, das sie mit natürlichen Hügeln und sonstigen Merkmalen in der Landschaft begrenzen. Das Territorium ist jedoch so gross, dass ein Überleben das ganze Jahr über möglich ist. Sie haben einen phänomenalen Orientierungssinn und finden Pflanzen, die sie an einem bestimmten Ort gefunden haben, selbst nach einem Jahr wieder. Die Kenntnisse der Pflanzen sind überlebenswichtig. Ohne dieses Erfahrungswissen ist man innert Kürze verhungert, verdurstet oder man hat sich verlaufen. Einige Buschmänner sind nomadisierend. Bei der grössten Trockenheit ziehen sie zu den Stellen, die das ganze Jahr über Wasser führen.

Da viele Gebiete, in denen die Buschmänner leben, immer mehr touristisch genutzt werden und in Naturpärke umgewandelt werden, verlieren die Buschmänner allmählich auch ihren letzten Lebensraum. Sie werden aus den Naturpärken vertrieben und dürfen darin nicht jagen.

Es fragt sich, in wie weit wir den hohen Respekt gegenüber der Natur, den die Buschmänner haben, auf unsere Landschaft übertragen können. Wahrscheinlich müsste bereits den Kindern einen neuen Umgang mit der Natur und mit jeder einzelnen Pflanze gelehrt werden. Vielleicht würden auch vermehrte Kenntnisse der einzelnen Pflanzen in unserer Gegend helfen. Oder würden Überlebenscamps, die zum Teil in Managementschulen so propagiert werden, effektiv einen anderen Umgang mit der Natur bringen?

9.4 Aufteilung von Boden in der traditionellen afrikanischen Dorfgemeinde

Hillebrand (1990) untersuchte die traditionellen afrikanischen Dorfgemeinden und wie sie durch den Einfluss der Europäer vor allem mit dem Besitzdenken der westlichen Industriestaaten im Wesentlichen zerstört wurden, so dass nicht mehr eine Gemeinschaft besteht, sondern eine Nobelherrschaft, die weitgehend alleinherrschend ist. Somit wurde das soziale Gefälle viel grösser.

Eine afrikanische Gemeinde bestand aus patriarchalisch organisierten Grossfamilien. Der hohe Verwandtschaftsgrad garantierte eine grosse Stabilität. Die Gemeinde war eine geschlossene Gemeinschaft, die sich mit kollektiven Produktionsbeziehungen halfen und somit völlig von ihren Mitgliedern und der Natur abhängig waren.

Die Grossfamilien, respektive die Gemeinde war aber ein lediglich nach Aussen kohärentes Ganzes. Im Inneren setzte sie sich aus mehreren Kleinfamilien zusammen. Die Verfügung über das mit Abstand wichtigste Produktionsmittel - den Boden - lag bei den Grossfamilien-Ältesten. Die Ältesten waren dadurch in der Lage, die menschliche Arbeitskraft zu kontrollieren und sich des hervorgebrachten Produkts sofort anzueignen.

Allgemein waren der afrikanischen Gemeinde zwei grundlegende Merkmale zu eigen: das Gemeineigentum am Boden und die Arbeitskooperation zwischen den Mitgliedern der Gemeinde.

Obwohl im Wesentlichen die Kleinfamilie ein Stück Land bearbeitete, half man sich bei Bedarf gegenseitig aus. So entstanden Arbeitskooperationen, die erst eine Bearbeitung des Bodens möglich machten. Denn besonders bei Rodungen von neuen Landstücken war man auf gegenseitige Hilfe angewiesen. Ebenso in der sogenannten „Hungersaison” vor der Ernte, in der man sich von der Jagd und des Sammelns ernährte.

Dieser Zwang zur Arbeitskooperation stellte eine der wichtigsten Klammern der afrikanischen Gemeinde dar, die "es nicht zuliess, dass die zentrifugalen Kräfte der kleinnaturalwirtschaftlichen Produktion in der sozialen Struktur die Oberhand gewannen." Diese Tatsache schlug sich gleichfalls im kollektiven Besitz einiger Produktionsmittel im Rahmen der Gemeinde nieder.

Hillebrand stellt die Elemente der "Naturalwirtschaft" folgendermassen zusammen:

  • „Die Dominanz der "naturwüchsigen" über die zivilisatorisch hervorgebrachten Produktionsmittel, vor allem der Charakter der Arbeit als fast ausschliesslicher Verbrauch menschlicher physischer Energie, in der Form von Muskelarbeit
  • Die Benutzung einfachster, innerhalb der Gemeinde produzierbarer Produktionsmittel
  • Die Dominanz des stofflichen Austausches mit der Natur vor dem Austausch in der Gesellschaft, das heisst ein subsistentiärer Charakter der Produktion
  • Der Produktion ist eine ausgeprägte Konsumneigung zu eigen, eine Orientierung auf den persönlichen Verbrauch der Produzenten
  • Der Produzent ist aufgrund der Unterentwicklung der Produktivkräfte nicht unabhängig, sondern (notwendigerweise) Bestandteil eines grösseren Ganzen.

Der naturalwirtschaftliche Charakter der Produktion macht die kollektive Arbeit zur conditio sine qua non der Reproduktion der Gemeinde und damit der Existenzsicherung der Gemeindemitglieder.”

Die afrikanische Gemeinde stellte allerdings keine egalitäre Gemeinschaft dar. Die soziale und materielle Stellung der verschiedenen Gemeindemitglieder unterschied sich in vielerlei Hinsicht. Deutliche hierarchische Unterschiede bestanden zum einen zwischen "einfachen" Gemeindemitgliedern und der Oberschicht. Eine untergeordnete Stellung nahmen die jungen Männer ein, die auf die Zuteilung von Land durch die Ältesten angewiesen waren und die Frauen, die ihren rechtlosen und untergeordneten Status behielten. Dies drückte sich auch im ökonomischen Bereich aus.

Eigentums- und soziale Ungleichheit zwischen Menschen ist der afrikansichen Gesellschaft zutiefst zueigen.

9.4.1 Die Veränderung der Gemeinde durch die koloniale Funktionalisierung

Im Laufe der Kolonialisierung wandelte sich die afrikanische Dorfgemeinde. Die Kolonialmächte hatten vor allem ein Interesse an Einsparungen bei den Produktionskosten. Dies war nur möglich, da die Arbeitskräfte besonders günstig arbeiteten. Obwohl man die Dorfgemeinde in ihrer Struktur erhalten wollte, hat sie sich unter dem Einfluss von Kapitalismus und Kolonialismus erheblich verändert. Eine Tendenz zur Auflösung der traditionellen Produktionsweise machte sich breit. Dies unterstreicht auch Hillebrand:

„Als Katalysatoren dieser Veränderungs- bzw. Auflösungstendenzen werden vor allem vier Faktoren genannt: Das Voranschreiten der Ware-Geld-Beziehung und die Entstehung neuer Konsumbedürfnisse, die Ausbreitung des Cash-crop-Anbaus und die Entwicklung der Wanderarbeit."

Vor allem die Monetarisierung hatte tiefgreifende Auswirkungen auf die Gemeinden. Geldbesitz führte zu hohem sozialem Status. Die Produktion richtete sich nach der Marktnachfrage und die ganzen sozialen und wirtschaftlichen Beziehungen innerhalb der Gemeinde brach in sich zusammen.

Dazu kam die beginnende Auflösung der Grossfamilien und der traditionellen Formen der Arbeitskooperation.

Mit dem Einbezug des Geldes, verstärkte sich die Tendenz sein Produkt selbst zu vermarkten. Dadurch sorgte man auch immer mehr für sich selbst und weniger für die Dorfgemeinde. Dies führte auch unweigerlich weg von der Grossfamilie.

Damit einher kam die geschlechtliche Arbeitsteilung. Die Frau war immer mehr für die häusliche und naturalwirtschaftliche Produktion verantwortlich, während der Mann immer mehr bei der Cash-crop Produktion oder in der ausserhäuslichen Lohnarbeit eingesetzt wurde.

Doch trotz dieser Tendenzen, die die Gemeindeordnung veränderte, blieb die Gemeinde als Grundeinheit der afrikanischen Landwirtschaft bestehen. Da durch die Kolonialisierung sämtliche Mehrproduktion abfloss, blieb der Gemeinde nichts mehr für notwendige Investitionen, so dass eine Verarmung einherzog. Zudem wurde der Boden immer mehr belastet, was zu einem erheblichen Ungleichgewicht für Natur und Mensch führte.

9.4.2 Die Dorfgemeinde heute

Auch heute noch ist das ländliche Afrika nach Ansicht der sowjetischen Afrikanisten geprägt vom Fortbestand der Dorfgemeinde mit kommunalen Landrechten. Trotz Marktwirtschaft fand nicht die erwartete Umwandlung zu einer modernen Landwirtschaft statt.

Die Familien sind jedoch immer noch abhängig von den natürlichen Produktionsfaktoren. Es besteht eine ausgewogene Verteilung von Boden zwischen den Mitgliedern der Dorfkollektive sowie der Lebensmittel. Hillebrand stellte „neue” Grundmerkmale für das heutige ländliche Afrika zusammen:

  • „Die Umwandlung des allgemeinen Gemeindeeigentums am Boden in eine Form des kommunal garantierten Parzelleneigentums erblichen Typus
  • Eine weitere Modifizierung der innergemeindlichen Arbeitskooperation, die immer stärker den Charakter von Lohnarbeit bekommt
  • Die anhaltende Stagnation der Produktivkräfte auf naturalwirtschaftlichem Niveau
  • Die weitestgehende Abhängigkeit der Reproduktionsfähigkeit der Gemeinde von nationalen und weltwirtschaftlichen Verhältnissen.”

Ökonomisch steht diese Gemeinde jedoch schlecht da. Denn das Verhältnis von Land zu Bewohnern verschlechtert sich zusehends. Doch trotz diesen Entwicklungen wird es kaum zur Verdrängung der Gemeinde als Basis für die Landwirtschaft kommen. Die traditionelle Produktionsweise zeigt sogar Tendenzen kapitalistische oder warenwirtschaftliche Elemente in der Landwirtschaft zu verdrängen.

Wahrscheinlich gibt es eine gewisse Anpassung bei der Warenbeschaffung und auch bei den gesellschaftlichen Formen. Denn das kollektive Überleben und der Schutz und die Unterstützung der schwächeren Mitglieder der Gemeinde ist nur mit einer Kooperation möglich.

9.4.3 Die Auswirkungen staatlicher Aktivitäten auf den Agrarsektor

Einen starken Einfluss auf die Entwicklung des Agrarsektors haben selbstverständlich externe Faktoren. Zu ihnen zählen (neben dem Weltmarkt) vor allem die staatlichen Aktivitäten im Agrar- und Handelssektor. Die Einmischung des afrikanischen Staates in die Landwirtschaft geschieht vor allem auf folgenden Wegen: Durch die Schaffung von staatlichen Vermarktungsmonopolen (v.a. im Cash-crop-Bereich), durch die Errichtung staatlicher Systeme zur Versorgung der Bauern mit in-puts und schliesslich durch die Praxis der staatlichen Preisfestsetzungen sowohl im Exportwaren- wie im Lebensmittelbereich. Dies wird eher negativ bewertet.

Bei fast allen Formen der Einmischung in den Agrarmarkt ist der unabhängige afrikanische Staat als Erbe kolonialer Apparate aufgetreten. Dabei hat sich an der prinzipiellen Benutzung einer auf naturalwirtschaftlichem Niveau konservierten Landwirtschaft als ausgebeuteter Ressourcen-Quelle für andere Sektoren und den Weltmarkt wenig oder nichts geändert.

   

 

 

Anthropologische Grenzen

10 Kulturelle Grenzen

10.1 Grenzen im Kopf

Wir werden in ein soziales Umfeld hineingeboren. Im familiären Umfeld stört sich ein Kleinkind nicht an sozialen Grenzen, es kennt nur seine Welt. Sobald es aber in die Schule kommt, werden die sozialen Unterschiede sichtbar und das Kind grenzt sich einerseits ab und anderseits wird es von den andern eingestuft. Phänomene, die von unterschiedlichen Betrachtern dieselben Assoziationen und Gefühle hervorrufen, verbinden. Ebenso gibt es Erscheinungen, die bei unterschiedlichen Betrachtern immense Unterschiede in der Bewertung hervorrufen, was eng mit den Wertmassstäben und Normen zusammenhängt.

Grenzen im Kopf dienen der Identifikation und Zuordnung jedes Einzelnen. Sie sind aber auch wichtig für die Orientierung als soziales Wesen. Sie bestimmen unser Verhaltensmuster und mit dem Einhalten gewisser Regeln gehören wir zu einer gewissen Gruppe. Die Zuordnung dient auch der Geborgenheit und gibt uns gewisse Sicherheit. Sie bewahrt uns vor Ängsten und dem Chaos.

Noch deutlicher wird dies, wenn man das Gegenteil betrachtet. Verhält sich ein Mensch nicht den Normen entsprechend, gilt er als asozial. Er neigt zu hemmungsloser Experimentierfreue, exzessivem Lebensstil und eine messbare Produktivität fehlt. (Zur Grenze, 1991. S. 64)

Grenzen wirken jedoch auch beschränkend, isolierend und sind verantwortlich für emotionale Verarmung. Um dieser Borniertheit aus dem Wege zu gehen, überschreiten wir die uns gesetzten Grenzen. Diese Grenzüberschreitungen sind jedoch von kurzer Dauer und wir kehren gerne wieder zu den Normen zurück, damit wir von der Gesellschaft akzeptiert werden.

10.2 Ethnographische Grenzen

Es gibt kleinere Gruppierungen, die sich von anderen ganz wesentlich abgrenzen, die ihren eigenen Lebensstil pflegen und so eine eigene Identität aufbauen. Oft scheinen sie gegenüber Aussenstehenden nicht sehr anders zu sein. Einige Untersuchungen führten jedoch dazu, dass die Homogenität in diesen Gruppierungen überbewertet wurden und zum Teil falsche Schlüsse gezogen wurden. Diese Studien betreffen in Europa die Wander-Zigeuner, im Norden Englands gewisse Farmen und in Guatemala die Mayas. (Donnan, 1994. S. 4)

Aussagekräftiger sind ethnographische Studien in Grenzregionen. So gibt es Studien über ein Dorf an der Englisch-Walisischen Grenze, eine vergleichende Studie zweier Dörfer im Tirol in Italien und eine über arabische Grenzdörfer. Nach Donnan (1994) widersprechen sich jedoch die Aussagen dieser Studien zum Teil.

Anthropologische Studien über Grenzen und Grenzdörfer erweisen sich als schwierig, da für manche Leute die Grenzen akzeptiert und unproblematisch sind, für andere Leute sind sie aber ein wesentliches Problem in ihrem politischen Leben. Eine weitere Unsicherheit ist die Unsichtbarkeit der Grenzen.

Donnan (1994) vertritt auch die Ansicht, dass die nationalen Grenzen oft nicht zwischen Staaten sind. Dies bestätigen vor allem Studien über Irland. Die Grenzen zwischen Katholiken und Protestanten sind nicht nur oppositionell, sondern ziehen sich auch in ökonomischen und sozialen Faktoren weiter.

Grenzen haben also nicht nur Einfluss in sozio-kultureller, sondern auch in politischer und ökonomischer Hinsicht. Grenzregionen spüren dies jeden Tag im alltäglichen Leben. Es ist eine Wechselbeziehung, die sowohl abgrenzt, aber auch verbindet, denn auf beiden Seiten der Grenze ist man voneinander abhängig.

10.3 Leute und Gebiete

Eine Wechselbeziehung besteht nicht zwischen Gebieten, sondern zwischen Menschen. Vor allem ist dies wiederum in Afrika feststellbar. Denn die Beziehungen bestanden dort vor allem zwischen zwei verschiedenen Kommunen und nicht so sehr zwischen zwei Gebieten, da diese sich durch das Nomadisieren immer wieder änderten. Der Ort der Grenze wurde durch die Produktion und die interne Beziehung der Menschen und Völker innerhalb eines Gebietes oder Territoriums beeinflusst wie auch durch die externe Beziehung mit den Leuten des nächsten Territoriums oder noch weiter weg gelegenen. (Donnan, 1994. S. 15)

Diese flexiblen Grenzen nutzten auch die Kolonialherren Frankreichs aus. So schritten sie mehrmals über die heutigen Grenzen zwischen Mauretanien und Mali. Dies konnten sie, weil sie die beide Regionen kontrollierten und sogar noch weitere Regionen südlich und östlich, heute Senegal, Burkina Faso und Niger. Sie akzeptierten jedoch verschiedene Kategorien von Leuten und stuften sie unterschiedlich ein und kamen somit zu den Grenzziehungen, die nicht nur ökonomische und politische Unterschiede markierten, sondern auch wechselnde französische Eindrücke kultureller und ethnischer Identitäten. (Donnan, 1994, S.16)

Donnan kommt zum Schluss, dass nomadisierende Völker keine eigentlichen Grenzen kennen und vielmehr in den Beziehungen zu einander leben. Siedler sind mehr an ihre Gebiete gebunden und grenzen sich demzufolge auch mit Landgrenzen ab.

Ethnizität kann sich auch wandeln. Das Volk der Fula zum Beispiel zeigt, dass die Beziehung zum Land sich ändern kann. Sie benutzten ihre Mobiliät um Siedler zu überfallen. Dies geschah an verschiedenen Orten und Perioden, zuletzt in Kamerun. So nahmen Fula Ende des 18.Jahrhunderts Teile von Hausa Bokwai ein (Im Norden Nigerias und Nigers gelegen). Heute sind sie dort die herrschende Klasse und nennen sich Hausa-Fulani. Selbst ihre Sprache hat sich geändert. West Afrika überhaupt zeichnet sich vor allem dadurch aus, dass sie keine fixen „Gesellschaften” hat, die sich in Sprache, sozialer Struktur, Territorium und ethnischer Identität gegeneinander abgrenzen. Vielmehr zeichnet sich West Afrika dadurch aus, dass ein dauernder Wandel stattfindet, wobei die ethnische Zuordnung sich am meisten wandelt. (Donnan, 1994. S. 19)

   

11 Geschlechtsspezifische Grenzen

11.1 Denken, Fühlen und Handeln

Wir teilen die Welt in männlich und weiblich ein, aber nicht nur im biologischen Sinn, sondern auch auf der psychologischen und auf der sozialen Ebene.

Menschen werden in Kategorien eingeteilt, zum Beispiel nach Hautfarbe in Schwarze und Weisse, nach der Sprache in Einheimische und Ausländer, nach ihrem Aussehen in Grosse und Kleine, oder Dicke und Dünne usw. Menschen innerhalb einer Kategorie werden als ähnlich, ausserhalb als verschieden eingestuft. Mit diesen Zuteilungen und Vereinfachungen reduzieren wir die Komplexität der Welt in überschaubare Einheiten. Sie entlasten das kognitive System und bringen Ordnung und Übersichtlichkeit in die Welt. Mit dieser Stereotypisierung rechtfertigen wir auch die gesellschaftliche Rang- und Wertordnung. Sie erfüllt auch gewisse Schutzfunktionen. (Grenzen erkennen - Grenzen setzen? 1994, S. 128)

Mit dem Stereotyp der praktisch veranlagten Frau in einer Gesellschaft, in der kognitive Fähigkeiten höher bewertet werden, lässt sich die Unterprivilegierung der Frau rechtfertigen. Als körperliche Arbeit bei uns noch stärker gewichtet wurde, fiel die Unterscheidung ins starke und schwache Geschlecht noch viel mehr ins Gewicht.

Die Einteilung in Stereotype geschieht relativ früh. Bereits Dreijährige unterscheiden spezifische Geschlechtermerkmale, bei fünfjährigen Kleinkindern ist kaum mehr ein Unterschied zu der Einteilung Erwachsener feststellbar.

Mit dieser Stereotypisierung ist auch die Rollenverteilung von Mann und Frau verbunden. Frauen gehen in den industrialisierten Ländern zwar immer mehr einer ausserhäuslichen Tätigkeit nach, sie sind aber dennoch mehrheitlich für den Haushalt zuständig, während der Mann immer noch als Familienernährer gilt.

In einer Untersuchung wurden in mindestens 24 von 25 untersuchten Nationen folgende Eigenschaften als typisch geschlechtsspezifisch angegeben (Grenzen setzen - Grenzen erkennen? 1994. S. 131):

Maskuline Eigenschaften        Feminine Eigenschaften

abenteuerlustig                             einfühlsam
aggressiv                                       feminin
dominant                                        gefühlvoll
kräftig                                             liebevoll
kühn                                                träumerisch
robust                                             unterwürfig
selbstherrlich
stark
unabhängig
unnachgiebig
unternehmungslustig

11.2 Überwindung der Rollenverteilung

Um diese Grenzen zu überwinden, spricht man in der Psychologie vom Androgyniekonzept. Es beinhaltet, dass Maskulinität das Weibliche nicht ausschliesst und umgekehrt auch Femininität das Männliche nicht ausschliesst. Diese Zweipoligkeit hilft die geschlechtsspezifische Stereotypisierung aufzuweichen und die Individualität besser zu gewichten.

Androgynie verbindet sowohl feminine wie auch maskuline Eigenschaften in einer Person. Verbinden sich positive Eigenschaften beider Kategorien miteinander, so sind diese Personen in der heutigen Gesellschaft sehr anerkannt und können sich durchsetzen. Dies fördert auch den Teamgeist und führt weg von einer strengen Hierarchie.

Von Frauen wird die Androgynie als erstrebenswerter betrachtet als von Männern. Dies hängt jedoch wiederum von unseren Wertvorstellungen ab. Andere sehen auch Gefahren in der Androgynie, wie zu viel Individualität in unserer Industriegesellschaft, oder dass die Frauen den Konkurrenzkampf nicht gewinnen können, da die männnlichen Eigenschaften immer noch als Ideal betrachtet werden.

   

 

Schlussfolgerungen

Aus den vorangegangenen Betrachtungen geht hervor, dass wir in Europa stark vom römischen Recht geprägt sind. Durch die Anwendung dieses Grenzdenkens in Afrika hat dies erhebliche Probleme hervorgerufen.

Besonders schwerwiegend treten heute ökologische und ethnische Bedenken auf. Die ursprünglichen traditionellen Grenzen in Afrika, die eine gewisse Flexibilität erlaubten, würden auch heute noch besser dem Kontinent entsprechen. Da ist zum Beispiel die Grenze zwischen Kenia und Tansania, die mitten durch das Gebiet der Serengeti geht und die grossen Wanderungen der Tiere, wie sie seit Jahrhunderten stattfinden, entzweischneiden. In Botswana sind Bestrebungen im Gange, Zäune um Pärke wieder zu entfernen, um den Tieren die natürlichen Wanderungen zu ermöglichen.

Auch die nomadisierenden Völker, die sich den klimatischen Bedingungen anpassen, leben wahrscheinlich nachhaltiger als jene, die sesshaft sind und den Boden bis aufs Letzte auslaugen. Allerdings müsste man die Auswirkungen genauer überprüfen und die Wirkungen wissenschaftlich begleiten.

Ebenso geht eine enge Beziehung zwischen sozialen Strukturen und Grenzziehungen aus den Studien hervor. In den traditionellen Kulturen sind Grenzen flexibler und vor allem im südlichen Afrika wird die Grenze rund um die Grossfamilie betont, ausserhalb fallen sie nicht ins Gewicht. Innerhalb der Gemeinschaft bestehen quasi keine Grenzen, es ist vielmehr ein gemeinsamer Nutzen.

In den industrialisierten westlichen Staaten ist ein ganz anderes Grenzdenken vorhanden. Die Privatsphäre wird ganz gross herausgestrichen. Jeder hat eine Grenze rund um seinen privaten Bereich. Dies prägt auch unsere Landschaft. Betrachtet man eine schweizerische Gemeindekarte, sieht man lauter kleine Parzellen, die in der Landschaft auch noch oft sehr markant gezogen sind, sei es durch Zäune, durch Strassen oder gar durch Mauern. Betrachtet man jedoch eine Karte von Namibia, so ist verblüffend, dass es Gebiete gibt, die ebenso unterteilt sind wie auf europäischen Karten, andere Gebiete sind jedoch ohne Parzellierungen. Bei näherer Betrachtung stellt sich heraus, dass die von der mehrheitlich von Weissen bewohnten Gebiete in Parzellen unterteilt sind, die von den traditionellen Dorfgemeinschaften bewohnten Gebiete jedoch ohne festgelegten Grenzen auskommen.

Ausschnitt aus dem Plan von Namibia 1979

Neue Gemeinschaften

Aus den vorangehenden Studien muss der Schluss gezogen werden, dass wir von unserem Grenzdenken wegkommen müssen, um eine nachhaltige Landschaft zu schaffen, die vernetzt werden kann. Es müssten grössere soziale Einheit entstehen, die die Landschaft als Ganzes betrachtet. Es wäre zu prüfen, inwieweit wir das andere Grenzdenken Afrikas auf unsere Landschaft anwenden könnten. Da ein enger Zusammenhang zwischen Grenzziehung und sozialer Struktur besteht, müsste man entweder gewisse Grenzen fallenlassen oder soziale Strukturen schaffen, die Grenzen abbauen und eine gemeinschaftliche Betrachtungs- und Bewirtschaftungsweise ermöglichen.

Regeln und Ordnungen

Da wir gewohnt sind, alles reglementiert zu haben, warten wir geradezu auf neue Vorschriften. Wie dies in den Studien zum Ausdruck kommt, hängt eine Reglementierung eng mit Grenzen zusammen. Ein Verein könnte eine Funktion wie eine traditionelle Dorfstruktur übernehmen, der bestimmte Ziele verfolgt. Ein Verein „Landschaft” könnte überregional tätig sein und flexibler handeln, als kantonale Stellen, die alles nach Vorschriften prüfen müssen. Dieser hat zudem den Vorteil, dass die Mitglieder meist ortskundig sind und so die besseren Möglichkeiten haben etwas einfacher durchzusetzen. Ein Nachteil dieser Strukturen ist jedoch, dass ein Verein sehr abhängig von den einzelnen Personen ist. Steht keine initiative Leitung zur Verfügung, hat ein Verein kaum Überlebenschancen. Von daher müsste eine „Mischform” zwischen Verein und kantonaler Stelle gefunden werden. Ein „Verein” mit professioneller Leitung? Wenn man diese Form vergleicht mit den afrikanischen Gemeinschaften, müsste man sich eine Gemeinschaft vorstellen, dessen „Ältestenrat” entweder von der Gemeinde oder dem Kanton gestellt wird, der aber mit der Gegend verbunden ist und auf freiwillige Helfer zählen kann. Vielleicht in der heutigen Zeit eine Illusion?

Grenzen verschwinden

In der westlichen Welt wird die Privatsphäre ganz gross herausgestrichen. Wir ziehen enge Grenzen um unser Territorium und markieren dies mit einem Zaun oder gar mit einer Mauer. Der Besitz wird zur Schau gestellt und das Prestige steigt, je grösser der Besitz ist. Im Gegenzug zu der engen Grenze rund um das Privatreich, verlieren Staatsgrenzen zunehmend an Bedeutung. Sie werden innert Kürze und ohne Erleben einer Grenzüberschreitung überwunden, sie verschwinden immer mehr. Doch wir brauchen Grenzen, sie verleihen uns die Ordnungen und Regeln, an die wir uns gerne halten. Vielleicht gerade deshalb, weil die globalen Grenzen am Verschwinden sind, klammern wir uns an die engen Grenzen der Privatsphäre. Wahrscheinlich brauchen wir wieder eine grössere Grenze rund um ein gewisses Gebiet, damit wir die engen persönlichen Grenzen durchbrechen können.

Vom Raum zur Zeit

Durch die Globalisierung und dem Verschwinden der Raumgrenzen, spielt die Zeit immer eine grössere Rolle. Doch mit den neuen Medien bildet die Zeit auch kaum mehr eine Grenze, wir bewegen uns bald auf der ganzen Welt zeitgleich. Petra Höfels zieht daraus den Schluss, dass es eine neue Identität braucht. Diese braucht es sicher. Sie kann aber ebenso in den traditionellen Gemeinschaften gefunden werden. Raum und Zeit müssen wieder neu überdacht werden. Die Grenzen des Raums müssen wir neu erleben, Zeit wieder erfahrbar machen. Wir brauchen Zeit für eine Grenzüberschreitung. Damit verbunden ist eine neue soziale Struktur. Eine grössere Gemeinschaft, die füreinander sorgt, die Grenzen in der Gemeinschaft verschwinden lassen. Dafür müssen wir wieder eine Grenze gegen aussen ziehen und diese erfahrbar und erlebbar machen.

   

 

Literatur

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Mehr zu Grenzen: http://www.zollgeschichte.de

   

 

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